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Die Blindenschrift

Sechs Richtige - damit die Hände lesen können -
Die 1825 entwickelte Blindenschrift bleibt auch im Multimediazeitalter modern.

Die Brailleschrift

[Bild: Eine Hand liest Blindenschrift]Das Louis Braille im Jahre 1825 sechs Punkte ausreichten, um die tastbare Blindenschrift zu entwickeln, ist genial. Heute ist die Baille-Schrift weltweit verbreitet und auch im Computerzeitalter keineswegs unmodern.

(Es folgt eine grafische Darstellung von Begriffen, die in Brailleschrift dargestellt werden. Bei der Berührung mit dem Mauszeiger verwandeln sich die Braillezeichen in Schwarzschriftbuchstaben (grafische Darstellung, JavaScript erforderlich).

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Sechs Richtige - damit die Hände lesen können -

[Bild: Schreiben  mit der Braille-Bogenmaschine] Mit dem Verlust des Augenlichtes verlieren in Deutschland jährlich rund 28.000 Menschen - die meisten von ihnen im Seniorenalter - die Fähigkeit zu schreiben und zu lesen. Doch sechs tastbare Punkte können weiterhelfen, wenn die Hände lesen lernen.

Nichtsehenden - unabhängig davon, in welchem Alter die Erblindung eintritt - bietet die von Louis Braille entwickelte und längst weltweit verbreitete Blindenschrift (auch Punktschrift oder Braille-Schrift genannt) diese Chance.

Auch im Multimedia-Zeitalter ist die Punktschrift für blinde Menschen das wichtigste Medium für Information und Bildung, für berufliche Qualifikation und für eine selbständige Lebensführung. Daher müssten die Voraussetzungen für die stärkere Verbreitung der Blindenschrift weiter verbessert werden. Der DBSV setzt sich im Interesse der rund 155.000 blinden Menschen in Deutschland insbesondere dafür ein,

dass jeder Erblindete die erforderlichen Hilfen erhält, damit er die Punktschrift erlernen kann, und hierfür qualifizierte Punktschriftlehrer ausgebildet werden, dass im öffentlichen Bereich Punktschriftsymbole oder beschriftungen integrationsfördernd eingesetzt werden (z. B. in Personenaufzügen, bei der Markierung von Automatentastaturen, in öffentlichen Verkehrsmitteln und Informationsleitsystemen, bei Verpackungen von Arzneimitteln), dass die technischen Voraussetzungen optimiert werden, um Informationen, die über den Computer zugänglich sind, auf der Braille-Zeile (einem Display zur Ausgabe der Schrifzeichen des Bildschirms) in Punktschrift wiedergegeben werden, dass bei der Ausbildung von Blindenpädagogen die notwendigen Punktschriftkenntnisse vermittelt werden, dass Braille-Schriftbücher und Unterrichtsmaterialien einen hohen Qualitätsstandard aufweisen, dass noch mehr Verlage kostenlos Lizenzen zur Umsetzung ihrer Bücher in blindengerechte Medien erteilen, dass im Rahmen der Entwicklungshilfe Punktschriftmaschinen, Schablonen zum Schreiben der Brailleschrift und Papier für Schulen in Ländern der Dritten Welt und Osteuropa bereitgestellt werden können.

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Louis Braille (1809 - 1852)

Bild: Louis BrailleLouis Braille wurde am 04. Januar 1809 in Coupvray bei Paris geboren. Als er drei Jahre alt war, hatte er in seines Vaters Sattlerei mit Werkzeugen gespielt und sich dabei ein Auge schwer verletzt. Die Entzündung erfasste auch das andere Auge und führte bald zur Erblindung des Jungen.

Louis Vater schickte seinen sehr aufgeweckten und intelligenten Sohn in Alter von 10 Jahren auf die von Valentin Haüy 1784 in Paris gegründete erste Blindenanstalt der Welt. Zunächst fiel Louis auf durch seine besonderen handwerklichen, musischen und geistigen Fähigkeiten. Schon bald wurde er als Hilfslehrer im Blindeninstitut eingestellt.

Doch nebenbei arbeitete er zielstrebig und ausdauernd an der Entwicklung einer brauchbaren Punktschrift für Blinde.

Er kam mit einem Schriftsystem in Berührung, an dessen Entwicklung der französische Artilleriehauptmann Charles Barbier seit 1815 arbeitete. Es bestand aus 11 Punkten und sollte für Soldaten die Nachrichtenübermittlung auch im Dunkeln ermöglichen. Louis erkannte, dass man mit dieser Schrift Sinnvolleres tun könnte, das es dafür aber notwendig wäre, sie zu vereinfachen und zu verbessern.

1825 hatte Louis Braille schließlich das für Blinde geeignete System der sechs erhabenen Punkte gefunden, das 63 Punktkombinationen zulässt.

Die Zeichen waren leicht erlernbar, liegen sich rasch und sicher lesen und mit Schreibtafel und Griffel mühelos schreiben. Trotzdem blieb die offizielle Anerkennung seiner Schrift jahrzehntelang aus.

Aber die Freunde Louis Brailles und seine Schüler verwendeten die sechs Punkte weiter und bewiesen ihren praktischen Nutzen durch höhere Leistungen im Unterricht. Dennoch wurde das 6-Punkte-Alphabet von der Pädagogischen Akademie Frankreich erst im Jahre 1850 offiziell anerkannt und in Paris eingeführt. Durch Beschluss des 1. Blindenlehrerkongresses in Wien 1873 wurde die Braille-Schrift auch im deutschsprachigen Raum verbindlich.

Den weltweiten Siegeszug seiner Schrift erlebte Braille nicht mehr. Er starb an einem Lungenleiden am 6. Januar 1852 in Paris. Seine Gebeine wurden am 21. Juni 1952 im Pariser Panthéon beigesetzt - eine besondere Anerkennung der Verdienste.

Erstmals war das Braille-System im Jahre 1827 für Auszüge aus dem Lehrbuch "La grammaire des grammaires' verwendet worden. Zwei Jahre später erschien ein von Louis Braille selbst verfasster Bericht über die neue Methode zur Übertragung von Buchstaben und Noten in Punktschrift unter dem Titel ,Verfahren, um Wörter, Musik und Kirchengesang zu schreiben mit Hilfe von Punkten, zum Gebrauch der Blinden und für sie zusammengestellt von Louis Braille, Blindenlehrer am Königlichen Institut für junge Blinde in Paris'.

Dieses 32 Seiten umfassende Werk war zwar noch im üblichen Reliefdruck verfasst; aber auf den Seiten 14 bis 16 enthielt es eine Tafel mit dem Alphabet und eine Anleitung zum Schreiben mit Tafel und Griffel.

Louis Braille und so entsteht ein Braillebuch (als Zip-Datei)

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So entsteht ein Buch für Blinde

[Bild: Der Braillebuchrücken wird mit Blindenschrift vershen]Am Beispiel der Deutschen Zentralbücherei für Blinde zu Leipzig (DZB) soll erklärt werden, wie gestern und heute Bücher in Braille-Schrift entstanden und entstehen.

Im Zeitalter der Computer- und Medientechnik hört man immer wieder, dass es das klassische Buch und die klassische Tageszeitung bald nicht mehr geben wird. In Zukunft - so heißt es - kommen die Zeitung und das Buch digital über das Internet ins Haus, auf elektronischem Papier, das man überall lesen kann. Das E-Book, ein handlicher, schnurloser Computer, der bis zu 4000 Buchseiten speichert, ist bereits auf dem Markt. Dem e-Papier soll in zwei bis drei Jahren der Durchbruch gelingen.

In wie weit diese Prognosen das Ende des klassischen Buches heraufbeschwören, sei dahin gestellt. Doch können Sie sich eine Welt ohne Bücher, Zeitschriften und Zeitungen vorstellen? Wie langweilig und trostlos wäre das Leben!

Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks vor 600 Jahren war eine der genialsten Leistungen, die es den Menschen ermöglichte, ihr Wissen zu verbreiten. Blinden Menschen aber blieben die Bücher noch Jahrhunderte verschlossen. Ohne lesen zu können wurden sie von den Sehenden isoliert und nicht gleichwertig behandelt.

Das sollte sich ändern, nachdem ein kluger junger Mann in Frankreich das faszinierende System der sechs erhabenen Punkte entwickelte - das Blindenschrift-Alphabet.

Gestern - Punktdruck mit der Punziermaschine

Die ersten Bücher in Braille-Schrift schrieb man in mühsamer Handarbeit mit Schreibtafel und Griffel. Die Punkte wurden seitenverkehrt - von rechts nach links - in das Papier gedrückt.

Die Einführung der Punktschriftbogenmaschine (um 1900) ermöglichte nicht nur die Produktion einer größeren Anzahl von Büchern, der Übertrager war jetzt auch in der Lage, eventuelle Fehler zu korrigieren. Die sogenannte "handschriftliche Übertragung" war lange Zeit ein Verfahren der Blindenbuchproduktion, das allmählich von einem zweiten Verfahren, dem Punzieren abgelöst wurde. Das Wort "Punzieren" ist dem Punzen, einer alten handwerklichen Blechbearbeitung, entlehnt. Großer Vorteil dieses Verfahrens: Aus einer punzierten Vorlage können Bücher mit mehreren Abzügen gedruckt werden.

Zur Herstellung von Büchern mit höheren Auflagen wurden dazu sogenannte Matrizen benötigt, von denen man beliebig viele Abzüge erhalten konnte. Eine Matrize ist z. B. eine Zinkblechplatte. Sie kann aber auch aus anderem Material sein, z. B. aus Aluminium oder PVC. In diese Platte erfolgte mit Hilfe einer Punziermaschine das Einprägen der Punkte, die auf der Rückseite versetzt geprägt wurden, sodass sie zwischen denen der Vorderseite standen.

Nach dem Punzieren der Metallplatte wurde Korrektur gelesen und irrtümlich gestanzte Punkte mussten eben geklopft werden. Danach konnte der Druck der Abzüge beginnen.

Waren die Punkte auf das Papier gedruckt, wurden die einzelnen Seiten zu Büchern gebunden.

Heute - Punktdruck mit Computern

Heute werden die Bücher nicht mehr mühsam mit der Punziermaschine auf Platte geschrieben. Computer übernehmen die Übertragung der Schwarzdrucktexte in Blindenschrift.

Bevor ein Buch in Blindenschrift übertragen und gedruckt werden kann, muss es "vorbereitet" werden. So wie jedes Schwarzdruckbuch hat auch jedes Braille-Buch ein bestimmtes Layout. In der Buchvorbereitung erhält das Buch seine äußere Form. Es wird festgelegt, welche Überschriften, Formeln, Gedichte, Tabellen beim Übersetzen gestaltet werden sollen und wie deren Umsetzung zu erfolgen hat. Tabellen, Grafiken und Bilder müssen in ein geeignetes Textformat gebracht werden. Die Struktur des Buches wird festgelegt. Dann erst kann mit der Blindenschriftübertragung begonnen werden.

Die Vorlage, das sogenannte "Schwarzdruckbuch", wird Seite für Seite gescannt und als Datei gespeichert. Ein speziell für die Blindenschriftproduktion entwickeltes Computerprogramm wandelt die Buchstaben der Schwarzdruckvorlage in die entsprechenden Braille-Zeichen um. Der Überträger gibt dem Rechner die für die verschiedenen Arbeitsgänge nötigen Befehle ein und überwacht deren Durchführung.

Korrektur - Ein Braille-Buch ohne Fehler

Ist das Buch dann vollständig übertragen, muss es korrigiert werden. Ein Probeauszug wird gedruckt. Die Korrektur führen jeweils zwei Korrekturleser, ein sehender und ein blinder, aus. Während der Sehende das Original verfolgt, überprüft der Blinde den in Braille-Schrift übertragenen Text. Dieses Korrekturlesen erfordert viel Konzentration, da z. B. wissenschaftliche Begriffe buchstabiert werden und im Zweifelsfall auf ihre Richtigkeit überprüft werden.

Haben die Korrekturleser ihre Arbeit beendet und wurden die Fehler berichtigt, steht dem Druck des Braille-Buches nichts mehr im Weg.

Drucken und Buchbinden - Ein Braille-Buch nimmt Gestalt an

Der auf Diskette gespeicherte Braille-Text wird entweder mit Hilfe von Schnelldruckern aufs Papier gebracht (ein Schnelldrucker arbeitet ohne Matrizen und druckt die Punkte sofort ins Papier) oder aber computergesteuerte Punziermaschinen prägen die Matrizen, von denen anschließend beliebig viele Abzüge gedruckt werden können.

Die bedruckten und gefalzten Bogen kommen dann in die Buchbinderei, wo sie genau wie ein Schwarzdruckbuch geheftet und gebunden werden. Einziger Unterschied zum Schwarzdruckbuch: Zwischen jeder Lage findet der Leser einen Falz, damit sich die Punkte im Laufe der Zeit nicht zerdrücken. Auf dem Rücken und dem Buchdeckel, der mit verschiedenen Materialen bezogen werden kann, erscheinen Titel, Autor und Nummer des Bandes in Farb- und Braille-Druck.

Das Braille-Buch ist fertig! Das Standardformat beträgt 27 x 34 cm. Ein Roman von 300 Schwarzschriftseiten kann in Punktschrift durchaus 4 bis 6 Bände (jeder etwa 7 cm dick) füllen. Entsprechend groß müssen die Bücherregale sein.

Reliefs - Die Bilder im Braille-Buch

Das ist kein Druckfehler - es gibt auch Bilder für blinde Menschen. Natürlich müssen diese erhaben dargestellt werden, d. h. die Linien und Flächen eines Schwarzdruckbildes sind im Relief unterschiedlich hoch und verschieden tastbar. Die Darstellungen werden auf das Wesentlichste beschränkt. Bei einem Drachen z. B. dürfen der gezackte Rücken, ein Maul mit scharfen Zähnen und eine züngelnde Zunge nicht fehlen.

Reliefs können aus unterschiedlichen Materialien bestehen. Punktreliefs z. B. entstehen auf Papier. Die Punkte werden hierbei wie bei der Braille-Schrift in das Papier geprägt. Für die meisten Reliefs verarbeitet man Folie aus PVC. Das Material ist gut tast- und haltbar. Die Folie wird auf die zuvor angefertigte Matrize gelegt und mit Hilfe des Vakuumtiefziehverfahrens in ihre entsprechende Form "gezogen".

Es ist zunächst das sinnliche Erlebnis, das jeder Bücherfreund genießt, hält er ein Buch in seinen Händen. Er erfreut sich am Duft des Papiers, fühlt seine Oberfläche, blättert die Seiten.

Erst dann beginnt er die ersten Sätze zu lesen und in die Welt des Buches einzutauchen.

Das Braille-Buch ermöglicht es auch blinden Menschen, dieses bezaubernde sinnliche Erlebnis zu genießen.

Von Gabi Schulze und Dr. Thomas Kahlisch

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